Kommt jetzt der Mega-Mindestlohn-Sprung?
Im Rhein-Neckar-Kreis verdienen rund 13.300 Menschen aktuell den gesetzlichen Mindestlohn von 12,82 Euro pro Stunde. Diese Zahl geht aus dem aktuellen Mindestlohn-Monitor hervor, der vom Pestel-Institut im Auftrag der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) erstellt wurde. Die Analyse untersucht die Auswirkungen des Mindestlohns auf Beschäftigte und Kaufkraft in der Region.
Gewerkschaft fordert Anhebung auf 15 Euro pro Stunde
Die NGG Mannheim-Heidelberg spricht sich für eine zügige Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 15 Euro pro Stunde aus. Angesichts gestiegener Lebenshaltungskosten sieht die Gewerkschaft erheblichen Handlungsbedarf. Laut NGG-Geschäftsführer Elwis Capece ist ein deutlich höherer Mindestlohn notwendig, um Mieten, Lebensmittelpreise, Energie und Mobilitätskosten abdecken zu können.
Ein Sprung auf 15 Euro würde nach Berechnungen der NGG einem Vollzeitbeschäftigten rund 375 Euro Bruttomehrverdienst im Monat bringen. Derzeit liegt das Einkommen vieler Mindestlohnempfänger nur geringfügig über dem Niveau von Bürgergeldbeziehern. Die Gewerkschaft kritisiert deshalb das bestehende Lohnniveau als unzureichend für ein existenzsicherndes Einkommen.
38.000 Beschäftigte unterhalb der 15-Euro-Grenze
Laut Pestel-Institut würden rund 38.000 Menschen im Rhein-Neckar-Kreis von einer Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro profitieren. Diese Beschäftigten arbeiten derzeit für einen Stundenlohn unterhalb dieser Schwelle. Besonders betroffen sind Minijobber und Beschäftigte in prekären Arbeitsverhältnissen – etwa in der Gastronomie, Reinigung oder im Einzelhandel.
Die Studie zeigt, dass eine Lohnerhöhung in diesem Segment direkte Auswirkungen auf den Konsum hätte. Geringverdiener geben ihr Einkommen in der Regel vollständig für den täglichen Bedarf aus. Daher geht die Gewerkschaft davon aus, dass eine Anhebung auch volkswirtschaftlich sinnvoll wäre.
Kaufkraftplus von über 26 Millionen Euro jährlich
Eine Anhebung des Mindestlohns auf 15 Euro würde nach Berechnungen des Pestel-Instituts zu einem Kaufkraftzuwachs von rund 26,3 Millionen Euro pro Jahr im Rhein-Neckar-Kreis führen. Dieses zusätzliche Einkommen stünde unmittelbar für Konsumzwecke zur Verfügung, da die betroffenen Haushalte häufig keinen finanziellen Spielraum für Rücklagen haben.
Der NGG zufolge würden vor allem regionale Wirtschaftszweige profitieren – etwa Einzelhandel, Dienstleister und Handwerk. Jeder zusätzliche Euro, der durch höhere Löhne gezahlt wird, könne lokal wirksam werden und den Binnenkonsum stärken.
Mindestlohnkommission soll handeln
Die NGG fordert die Mindestlohnkommission auf, bei ihrer kommenden Sitzung im Juni 2025 konkrete Schritte zur Anhebung des Mindestlohns zu unternehmen. Die Kommission setzt sich aus Vertretern von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden zusammen und ist verantwortlich für die regelmäßige Anpassung des gesetzlichen Mindestlohns.
Nach Auffassung der NGG liegen mit der aktuellen Entwicklung der Tariflöhne, der Inflation und der gesunkenen Kaufkraft alle Voraussetzungen für eine deutliche Anhebung vor. Ziel sei es, dass der Mindestlohn mindestens 60 Prozent des mittleren Bruttolohns in Deutschland erreicht – eine Richtgröße, die auch von der EU als sozialpolitischer Standard empfohlen wird.
Respekt durch faire Bezahlung
Die NGG betont, dass eine höhere Bezahlung auch eine Frage der gesellschaftlichen Anerkennung ist. Menschen, die in systemrelevanten Berufen arbeiten, etwa in der Lebensmittelproduktion oder im Servicebereich, verdienen laut Gewerkschaft mehr als nur symbolische Wertschätzung. „Mehr Respekt bedeutet auch mehr Lohn“, so Capece.
Die Gewerkschaft sieht es als unhaltbar an, dass Beschäftigte trotz Vollzeitstelle oft auf ergänzende staatliche Leistungen angewiesen sind. Für eine nachhaltige Entlastung sei nicht nur ein höherer Mindestlohn erforderlich, sondern auch eine bessere Tarifbindung in allen Branchen.
Wer besonders von einer Erhöhung des Mindestlohns profitieren würde
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Minijobber – insbesondere im Gastgewerbe, in der Reinigung und im Einzelhandel
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Beschäftigte in Teilzeit ohne Tarifbindung
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Alleinerziehende mit Minijob oder geringfügiger Beschäftigung
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Auszubildende mit Nebenjob unterhalb der 15-Euro-Grenze
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Angestellte in befristeten oder projektbasierten Arbeitsverhältnissen
Kommentar: Lohnanpassung stärkt soziale Gerechtigkeit und regionale Wirtschaft
Eine Erhöhung des Mindestlohns im Rhein-Neckar-Kreis auf 15 Euro pro Stunde würde nicht nur 38.000 Menschen direkt zugutekommen, sondern auch den regionalen Konsum um über 26 Millionen Euro pro Jahr steigern. Die Gewerkschaft NGG sieht dringenden Handlungsbedarf und fordert die Mindestlohnkommission zum schnellen Handeln auf.
Ein höherer Mindestlohn könnte dazu beitragen, Armut trotz Erwerbstätigkeit zu verringern und die ökonomische Teilhabe zu stärken. Zugleich würde der Druck auf das Sozialsystem sinken, da weniger Menschen auf ergänzende Leistungen angewiesen wären.
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