Bäckereien im Rhein-Neckar-Kreis: 1.310 Fachkräfte zwischen Ofen, Theke und Frühschicht
Im Rhein-Neckar-Kreis arbeiten rund 1.310 Beschäftigte in Bäckereien – sowohl in der Backstube als auch im Verkauf. Diese Zahlen veröffentlichte die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) im Rahmen des neuen „Bäckerei-Monitors“, einer bundesweiten Branchenanalyse auf Basis einer Befragung von 1.400 Beschäftigten. Die Hans-Böckler-Stiftung erstellte die Studie im Auftrag der Gewerkschaft.
Frühschichten und Zeitdruck: Hohe Belastung im Bäckerhandwerk
Die Arbeit in Bäckereien ist körperlich anspruchsvoll und häufig mit Früh-, Spät- und Nachtschichten verbunden. Der Bäckerei-Monitor zeigt:
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84 % der Beschäftigten berichten über spürbaren Personalmangel
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Über 80 % erleben regelmäßig Zeitdruck und Stress
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47 % arbeiten mit unzureichenden Pausen
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Mehr als die Hälfte macht regelmäßig Überstunden
Die NGG fordert daher konkrete Verbesserungen der Arbeitsbedingungen, etwa durch moderne Technik, bessere Arbeitszeitmodelle und flächendeckende Tariflöhne.
Technik kann helfen: Neue Kühlanlagen ermöglichen späteres Backen
Ein Lösungsansatz zur Reduzierung der Belastung ist der Einsatz neuer Kühltechnik: Damit kann der Teig am Vortag vorbereitet werden, was frühere Arbeitszeiten reduziert. Das führt zu mehr Schlaf und besserer Planbarkeit für die Beschäftigten. Die NGG ruft Arbeitgeber im Bäckerhandwerk dazu auf, in moderne Technik zu investieren, um die Berufe attraktiver zu gestalten.
Nachwuchsmangel im Bäckerhandwerk: Nur 38 Auszubildende im gesamten Rhein-Neckar-Kreis
Der Fachkräftemangel ist eine der größten Herausforderungen der Branche. Laut Arbeitsagentur gibt es aktuell im Rhein-Neckar-Kreis:
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109 Bäckerei-Betriebe
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38 Auszubildende in den Bereichen Bäckerei und Verkauf
Damit ist der Nachwuchs unzureichend, um die langfristige Sicherung der handwerklichen Versorgung zu gewährleisten.
Rolle der Migration: Jeder vierte Azubi mit Migrationshintergrund
Die NGG stellt fest, dass viele Betriebe zunehmend auf Migrantinnen und Migranten setzen, um offene Ausbildungsplätze zu besetzen. Bundesweit hat jeder vierte Azubi im Backgewerbe einen Migrationshintergrund. Die Gewerkschaft bewertet diese Entwicklung als zentral für die Zukunftsfähigkeit der Branche.
„Ohne Zuwanderung wird das Brotbacken von morgen schwierig“, betont Elwis Capece, Geschäftsführer der NGG Mannheim-Heidelberg. Vor allem Geflüchtete und junge Zuwanderer übernehmen Ausbildungsplätze, die von einheimischen Jugendlichen zunehmend gemieden werden.
Vergütung in der Ausbildung: Bäcker-Azubis starten mit 1.020 Euro
Ein Anreiz für den Einstieg in das Bäckerhandwerk ist die verbesserte Ausbildungsvergütung, die gemeinsam mit dem Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks durchgesetzt wurde:
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1.020 € im 1. Ausbildungsjahr
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1.230 € im 3. Ausbildungsjahr
Die NGG sieht darin ein positives Signal, um den Beruf des Bäckers oder der Fachverkäuferin wieder attraktiver zu machen – auch finanziell.
Geplante Tarifverhandlungen: Arbeitszeiten und Löhne im Fokus
Die NGG kündigt an, noch 2025 mit den Arbeitgebern über bessere Arbeitsbedingungen zu verhandeln – insbesondere in der Brotindustrie. Ziel ist unter anderem:
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Attraktivere Schichtmodelle: z. B. sechs Tage Schichtarbeit, drei Tage frei
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Bessere Entlohnung durch flächendeckenden Tariflohn
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Stärkere soziale Absicherung, etwa im Hinblick auf Rentenansprüche
Elwis Capece: „Wenn der Lohn von heute schon nicht reicht, ist die Rente von morgen erst recht ein Problem.“ Die NGG plant, diese Themen unter dem Motto „Backen wir’s“ in die Verhandlungen einzubringen.
10 Fakten aus dem Bäckerei-Monitor 2025
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1.310 Beschäftigte arbeiten im Backgewerbe im Rhein-Neckar-Kreis
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109 Bäckereien sind bei der Arbeitsagentur registriert
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Nur 38 Auszubildende erlernen aktuell das Bäcker- oder Verkaufsfach
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84 % der Beschäftigten spüren Personalmangel im Betrieb
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Über 80 % erleben regelmäßig Zeitdruck und Stress
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47 % berichten von zu wenig Pausen im Arbeitsalltag
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Mehr als 50 % müssen regelmäßig Überstunden leisten
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Jeder vierte Azubi bundesweit hat einen Migrationshintergrund
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1.020 € Ausbildungsvergütung im ersten Lehrjahr
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NGG fordert: Tariflöhne, modernere Technik und bessere Schichtmodelle
Der erste Bäckerei-Monitor der NGG zeichnet ein klares Bild: Das Bäckerhandwerk steht unter Druck – vor allem durch Fachkräftemangel, hohe Arbeitsbelastung und fehlenden Nachwuchs. Gleichzeitig zeigt die Studie, dass durch Technik, faire Bezahlung und Integration von Migranten Potenziale zur Stabilisierung und Weiterentwicklung der Branche bestehen.
Experten sind sich einig: Für die Zukunft des Bäckerhandwerks seien Investitionen in Arbeitsbedingungen, Tarifbindung und eine klare Willkommenskultur für neue Auszubildende entscheidend. Nur so könne die Versorgung mit Brot und Backwaren auch künftig sichergestellt werden – im Rhein-Neckar-Kreis und bundesweit.
Weitere Informationen:
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Gewerkschaft NGG: www.ngg.net
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Hans-Böckler-Stiftung: www.boeckler.de
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Bäckerhandwerk: www.baeckerhandwerk.de
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Ausbildungsportal: www.back-dir-deine-zukunft.de
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