Reifen-Krieg der Hersteller: Wer macht den saubersten Abrieb?
Der Reifenabrieb, oft unterschätzt in seiner Umweltauswirkung und Bedeutung für die Lebensdauer, rückt zunehmend in den Fokus. Eine aktuelle ADAC-Studie, die 160 Reifentests seit 2023 auswertete, offenbart signifikante Unterschiede zwischen den Herstellern. Während Michelin als Vorreiter für abriebarme Reifen glänzt, zeigen einige Premium-Marken überraschende Schwächen. Die Ergebnisse sind nicht nur für Verbraucher relevant, sondern auch wegweisend für die kommende Euro-7-Norm.
Gefährliche Gummis: Darum sind Billig-Reifen eine Gefahr für die Umwelt
Der Reifenabrieb trägt erheblich zur Umweltbelastung bei, insbesondere durch die Entstehung von Mikroplastikpartikeln im Straßenverkehr. Der ADAC hat seit 2023 insgesamt 160 Reifentests ausgewertet, um die Unterschiede zwischen den Herstellern in Bezug auf den Abrieb zu analysieren. Die Studie zeigt, dass einige Hersteller bereits deutliche Fortschritte erzielt haben, während andere noch deutlich hinter dem technischen Potenzial zurückbleiben.
Michelin führt beim geringen Reifenabrieb
Die ADAC-Auswertung identifiziert Michelin als den führenden Hersteller hinsichtlich geringer Abriebwerte. Auf den Plätzen dahinter folgen Hankook, Continental und Goodyear, die ebenfalls Reifen mit vergleichsweise niedriger Materialabtragung anbieten. Diese Hersteller zeigen, dass es technisch machbar ist, Reifen zu entwickeln, die sowohl sicher als auch verschleißarm sind.
Im Gegensatz dazu weisen Bridgestone und Pirelli, trotz ihrer Marktstellung als Premiumanbieter, deutlich höhere Abriebwerte auf. Damit sind ihre Produkte in der aktuellen Bewertung der Studie weniger umweltfreundlich. Die Ergebnisse verdeutlichen die Diskrepanz zwischen Sicherheitsperformance und Abriebbilanz.
Messmethodik: So wird der Abrieb im ADAC-Test ermittelt
Die Datenerhebung zum Reifenabrieb erfolgt über zwei Verfahren:
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Kolonnenfahrten im realen Straßenverkehr: Die getesteten Reifen werden über eine Strecke von 15.000 Kilometern gefahren. Dabei erfolgt vor und nach der Fahrt eine Gewichtsmessung.
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Abriebprüfstand: Ergänzend zur realen Fahrt wird das Abriebbild auf speziellen Prüfständen ermittelt.
Zusätzlich wird anhand des Materialverlustes und der Profilveränderung eine Prognose zur Lebensdauer des Reifens berechnet. Auf diese Weise entsteht ein umfassendes Bild über die Abriebcharakteristik der Reifenmodelle.
Relevanz für die Euro-7-Norm: Grenzwerte für den Abrieb in Planung
Die Ergebnisse der Studie fließen in die Debatte um die Euro-7-Abgasnorm ein. Diese sieht erstmals auch einen verbindlichen Grenzwert für den Reifenabrieb vor. Die Festlegung des zukünftigen Messverfahrens erfolgt durch die Wirtschaftskommission für Europa (UNECE).
Die Bewertung basiert auf einem Vergleichsindex, bei dem ein Referenzreifen mit dem Wert 1,0 dient. Produkte mit einem höheren oder niedrigeren Abrieb erhalten entsprechend angepasste Indexwerte. Ziel ist es, einen einheitlichen Prüfmaßstab für alle Reifenhersteller zu schaffen.
Diskussion um den Grenzwert: Zwischen Umweltschutz und Marktzugang
Ein kritischer Punkt in der Debatte ist die Höhe des zulässigen Grenzwerts. Laut ADAC zeigen die Studienergebnisse, dass eine zu strenge Auslegung dazu führen würde, dass nur noch Premiumprodukte mit sehr guten Abriebwerten auf den Markt gelangen könnten. Dabei wäre das günstigere Reifensegment, das für viele Verbraucher wichtig ist, von der Marktzulassung ausgeschlossen.
Zudem zeigen die Ergebnisse, dass gute Abriebwerte nicht automatisch gute Sicherheitseigenschaften garantieren. Ein Modell mit dem zweitbesten Abriebwert fiel im Test aufgrund mangelnder Sicherheitsreserven durch.
Forderung nach ausgewogener Regulierung
Der ADAC plädiert für eine ausgewogene Grenzwertregelung, die sowohl den Umweltschutz berücksichtigt als auch wirtschaftliche Vielfalt auf dem Reifenmarkt sicherstellt. Die Zielvorgabe: Reifen aus unterschiedlichen Preiskategorien sollen zugelassen werden, sofern sie ein Mindestmaß an Umweltverträglichkeit und Sicherheit erfüllen.
Hersteller mit den besten Abriebwerten laut ADAC-Studie
Basierend auf der Auswertung von 160 Reifentests ergibt sich folgende Reihenfolge der Hersteller mit den besten Abriebwerten:
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Michelin – sehr geringer Abrieb, gute Sicherheitsbilanz
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Hankook – niedriger Abrieb, solide Leistung
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Continental – gute Balance zwischen Abrieb und Fahrverhalten
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Goodyear – ähnlich gute Werte wie Continental
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Dunlop – leicht erhöhter Abrieb, aber noch im akzeptablen Bereich
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Bridgestone – deutlich höhere Abriebwerte
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Pirelli – vergleichsweise hohes Abriebniveau bei einigen Modellen
Umweltaspekt Reifenabrieb: Mikroplastik und Luftqualität
Der Reifenabrieb ist eine bedeutende Quelle für Mikroplastikemissionen im Straßenverkehr. Die Partikel werden über Regen in die Kanalisation gespült oder gelangen direkt in die Umwelt. Laut Umweltbundesamt zählt Reifenabrieb zu den größten Verursachern von Mikroplastik in Deutschland.
Außerdem trägt der Abrieb zur Feinstaubbelastung in Städten bei. Gerade in stark befahrenen urbanen Gebieten ist der Anteil des Reifenabriebs an der Luftverschmutzung nicht unerheblich.
Technisches Potenzial zur Reduktion des Abriebs vorhanden
Die Ergebnisse der ADAC-Studie zeigen, dass der Markt bereits heute Lösungen für abriebarme und sichere Reifen bietet. Jetzt liege es laut ADAC es an der Politik, durch realistische Grenzwerte einen nachhaltigen Rahmen zu schaffen. Hersteller sind gefordert, ihre Forschung auf eine bessere Kombination aus Umweltverträglichkeit und Fahrsicherheit auszurichten.
Für Verbraucher bleibt der Hinweis, beim Reifenkauf nicht nur auf Preis und Sicherheit zu achten, sondern auch auf Umweltaspekte wie den Abrieb – vor allem vor dem Hintergrund künftiger gesetzlicher Vorgaben.
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