Wissen schwindet: Deutsche kennen sich schlechter im Zweiten Weltkrieg aus
Anlässlich des 80. Jahrestags des Endes des Zweiten Weltkriegs hat YouGov im April 2025 eine umfassende Umfrage durchgeführt, um die aktuellen Einstellungen der Bevölkerung in Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien, Spanien und den USA zu historischen und gegenwärtigen Themen im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg zu erfassen.
Mögliche Wiederholung nationalsozialistischer Verbrechen
Ein signifikanter Anteil der Befragten hält es für möglich, dass Verbrechen ähnlich denen des nationalsozialistischen Regimes in der heutigen Zeit erneut auftreten könnten:
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Zwischen 31 % und 52 % der Befragten in den genannten Ländern glauben, dass solche Verbrechen in ihrem eigenen Land während ihrer Lebenszeit geschehen könnten.
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In Deutschland selbst teilen 44 % diese Befürchtung.
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Bezüglich anderer westeuropäischer Länder liegt die Zustimmung zwischen 44 % und 59 %.
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Für die USA halten 44 % bis 62 % der Befragten ähnliche Verbrechen für möglich, darunter 52 % der US-Amerikaner selbst.
Beitrag zum Sieg über Nazi-Deutschland
Die Einschätzungen darüber, welches Land den größten Beitrag zur Niederlage Nazi-Deutschlands geleistet hat, variieren
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In Deutschland sehen 40 % die USA als Hauptakteur, gefolgt von 28 %, die die Sowjetunion nennen.
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In den USA schreiben 52 % ihrem eigenen Land den größten Beitrag zu.
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In Großbritannien sehen 41 % ihr eigenes Land als führend an.
Moralische Bewertung alliierter Kriegsmaßnahmen
Die Meinungen über die moralische Rechtfertigung bestimmter alliierter Handlungen im Zweiten Weltkrieg sind geteilt:
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56 % der Briten und Amerikaner halten die Luftangriffe auf deutsche Städte für gerechtfertigt.
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In Deutschland sehen nur 23 % diese Angriffe als moralisch gerechtfertigt an, während 50 % dies verneinen.
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Bezüglich der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki halten 38 % der US-Amerikaner diese für gerechtfertigt, 35 % nicht.
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In Deutschland lehnen 81 % die moralische Rechtfertigung der Atombombenabwürfe ab.
Scham und Aufarbeitung der Vergangenheit
Die Reflexion über die eigene Rolle im Zweiten Weltkrieg zeigt unterschiedliche Haltungen:
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50 % der Deutschen und 41 % der Italiener geben an, sich für die Rolle ihres Landes im Krieg zu schämen.
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46 % der Deutschen sind der Meinung, dass ihr Land die Vergangenheit gut aufgearbeitet hat.
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Diese Ansicht teilen 49 % der US-Amerikaner und 58 % der Briten.
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In Frankreich und Italien sind nur 34 % bzw. 30 % der Meinung, dass Deutschland seine Vergangenheit angemessen aufgearbeitet hat.
Institutionen des Friedens seit 1945
Die Einschätzungen über den Beitrag internationaler Organisationen zum Frieden in Europa sind wie folgt:
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Die NATO wird von 52 % bis 66 % der Befragten als bedeutender Friedensgarant angesehen.
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Die UN wird von 44 % bis 60 % der Befragten als beitragend zum Frieden eingeschätzt.
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Die EU wird von 45 % bis 56 % der Befragten als wichtiger Faktor für den Frieden betrachtet.
Wissen über den Zweiten Weltkrieg und Bildungsrelevanz
Das Selbstbild hinsichtlich des Wissens über den Zweiten Weltkrieg und die Bedeutung der schulischen Vermittlung:
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70 % der Deutschen und 72 % der Franzosen geben an, viel oder etwas über den Krieg zu wissen.
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In Spanien liegt dieser Wert bei 40 %.
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77 % der Franzosen und 60 % der Deutschen berichten, in der Schule viel oder etwas über den Krieg gelernt zu haben.
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In Spanien sind es nur 34 %.
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Zwischen 82 % und 90 % der Befragten in allen Ländern halten es für wichtig, dass der Zweite Weltkrieg weiterhin in Schulen unterrichtet wird.
Zusammenfassung der zentralen Ergebnisse
Thema | Kernaussage |
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Wiederholung nationalsozialistischer Verbrechen | 31 %–52 % halten dies in ihrem Land für möglich |
Hauptverantwortlicher für den Sieg über Nazi-Deutschland | USA (40 % in Deutschland), Sowjetunion (28 % in Deutschland) |
Moralische Bewertung der Luftangriffe | 56 % der Briten und Amerikaner: gerechtfertigt; 23 % der Deutschen: gerechtfertigt |
Scham über eigene Kriegsrolle | 50 % der Deutschen, 41 % der Italiener |
Aufarbeitung der Vergangenheit | 46 % der Deutschen: gut aufgearbeitet |
Bedeutung der NATO für den Frieden | 52 %–66 % sehen NATO als bedeutend |
Wissen über den Zweiten Weltkrieg | 70 % der Deutschen, 72 % der Franzosen: viel/etwas Wissen |
Bedeutung des Schulunterrichts | 82 %–90 % halten Unterricht über den Krieg für wichtig |
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