Glocken-Zoff in Sinsheim: Anwohner wollen Stille – Kirche spaltet die Gemüter

Streit um nächtliches Glockengeläut erreicht den Kernstadtausschuss

Sinsheim. In der Innenstadt wird es laut – zumindest aus Sicht mancher Anwohner. Nicht etwa durch Verkehr oder Feste, sondern ausgerechnet durch die Evangelische Stadtkirche. Ihr Stundenschlag beschäftigt am Donnerstag, 6. November, den Ausschuss für wichtige Angelegenheiten der Kernstadt. Es geht um nichts weniger als die Frage: Soll das nächtliche Läuten ganz verstummen?

Die Stadt Sinsheim ist für das „weltliche Glockengeläut“ der Turmuhr verantwortlich – und damit auch für die Lautstärke, die viele längst im Schlaf begleitet. Der aktuelle Stand: Zwischen 6 und 22 Uhr schlägt die Turmuhr jede Viertelstunde einfach und zur vollen Stunde doppelt – also beispielsweise um 17 Uhr vier Viertelschläge und dann zehn Stundenschläge (fünf mit der ersten, fünf mit der zweiten Glocke). In den Nachtstunden von 22.15 bis 5.45 Uhr wurde das Geläut bereits reduziert: Es erklingt nur noch einfach.

Doch offenbar ist auch das manchen zu viel. In den vergangenen Monaten seien laut Verwaltung mehrere Beschwerden eingegangen, weil das Läuten den Schlaf störe und die Lebensqualität mindere. „Das Thema begleitet uns seit Jahren“, heißt es aus dem Rathaus. Bereits 2024 habe es einen Antrag gegeben, den nächtlichen Stundenschlag komplett abzuschalten.

Juristisch ist das Thema durchaus heikel. Während das sakrale Glockengeläut – also zu Gottesdiensten – vom Grundgesetz geschützt ist, gilt das für den weltlichen Stundenschlag nicht. Hier greifen die Immissionsschutzrichtwerte: Im Mischgebiet dürfen nachts maximal 45 Dezibel erreicht werden, kurzfristig bis zu 65 Dezibel. Ob die Glocken diesen Wert überschreiten, weiß aktuell niemand – eine offizielle Lärmmessung liegt bislang nicht vor.

Am Donnerstag will der Ausschuss nun beraten, wie es weitergeht. Möglichkeiten reichen von einer weiteren Reduzierung bis hin zur kompletten nächtlichen Abschaltung. Wie sensibel das Thema liegt, zeigen Reaktionen in der Bürgerschaft: Während die einen das Läuten als „Heimatgefühl“ verteidigen, wünschen sich andere schlicht „endlich wieder durchschlafen“.