starke Beteiligung an Aktionstag
Große Banner über den Klinikeingängen, mit LED-Lichtern rot angestrahlte Gebäude, Mitarbeitende, die sich an jedem Standort der vier GRN-Kliniken zu einem großen SOS formieren: Die GRN Gesundheitszentren Rhein-Neckar gGmbH haben mit großer Beteiligung am Aktionstag der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) auf ihre missliche Lage aufmerksam gemacht.
Banner, rote Abend-Beleuchtung und großes SOS
In der Nacht vor und nach dem von der DKG ausgerufenen Aktionstag am 20. Juni wurden die Kliniken in Schwetzingen, Sinsheim und Eberbach von außen und in Weinheim der Eingangsbereich im Innern der Klinik rot angestrahlt. Ein Banner mit der Aufschrift „Inflationsausgleich für die Krankenhäuser – jetzt sofort“ weist auf die finanzielle Notlage hin und Mitarbeitende schicken mit einem aufgestellten SOS vor den Kliniken einen Hilferuf an die Öffentlichkeit. Nicht nur die GRN-Kliniken in Eberbach, Schwetzingen, Weinheim und Sinsheim befinden sich in Not, sondern Krankenhäuser bundeweit bitten die Öffentlichkeit um Mithilfe: Wenn möglichst viele Menschen eine Petition der Deutschen Krankenhausgesellschaft für eine bessere Finanzierung der Kliniken unterschreiben, kommt es vielleicht doch noch zum dringend notwendigen Inflationsausgleich.
Tief rote Zahlen und drohende Insolvenzen
Die Kosten in den Kliniken steigen rasant: Tarifsteigerungen für die faire Bezahlung der Mitarbeitenden, in die Höhe schnellende Kosten für Energie und medizinische Materialien, explodierende Leasingkosten und fehlende Gelder für dringend notwendige bauliche Investitionen sind nur einige der Probleme. Zahlreiche Kliniken bundesweit schreiben tief rote Zahlen, Insolvenzen drohen.
Auch die GRN-Gesundheitszentren haben bereits das Jahr 2021 mit einem Minus von 3,8 Millionen Euro abgeschlossen, verzeichneten im darauffolgenden Jahr einen Verlust im niedrigen zweistelligen Millionenbereich und rechnen in der Zukunft mit weiteren Verlusten, wenn die Politik nicht einlenkt.
Eine von der Regierungskommission geplante Krankenhausreform soll angeblich Erleichterung verschaffen, allerdings fehlt es hier bisher gänzlich an Finanzierungsvorschlägen, und die geplante Einteilung in Level mit Mindestanforderungen stellt Kliniken vor die nächsten Probleme: Die GRN-Kliniken würden nach erster Einschätzung der GRN-Geschäftsführung vermutlich allesamt in Level In eingruppiert, also als reine internistische und chirurgische Basisnotfallversorgung. Die GRN-Klinik in Sinsheim kann aufgrund ihrer Stroke Unit mit etwas Anstrengung auch Level II zugeteilt werden.
Zwei GRN-Kliniken stehen auf der Kippe: Weil sowohl von Schwetzingen als auch von Weinheim aus in knapp 30 Minuten Fahrtzeit mit dem Auto ein Maximalversorger, nämlich die Uniklinik Heidelberg, erreichbar ist, wackeln die beiden Standorte, außer, das Land sieht hier einen besonderen Versorgungsauftrag. „Darauf hoffen wir und setzen darauf, dass die Regierung den Ländern das notwendige Mitspracherecht einräumt und die Standorte in Schwetzingen und Weinheim erhalten bleiben“, sagt GRN-Geschäftsführerin Katharina Elbs.
Katharina Elbs: Wir hoffen, dass die Regierungskommission nachbessert! Die große Solidarität gibt ein gutes Gefühl!
„Wir gehen davon aus und hoffen, dass die Regierungskommission hier noch mal nachbessert! Unsere Kliniken bieten eine wohnortnahe Versorgung auf höchstem medizinischen Niveau an. Das Patientenaufkommen kann die Uniklinik in Heidelberg allein unmöglich abfangen“, so Katharina Elbs weiter, die sich über die starke Beteiligung der GRN-Belegschaft am Aktionstag freut. „Ich bin begeistert über die große Solidarität unserer Mitarbeitenden für ihre Klinik. Die Beteiligung so vieler Berufsgruppen gibt mir Mut und Zuversicht und das Gefühl, dass die GRN-Mitarbeitenden zu ihrer Klinik und ihren Herausforderungen stehen.“
Das sagen GRN-Mitarbeitende und Patienten
In den GRN-Kliniken wurden Patienten heute bei der Anmeldung an der Info darum gebeten, ihre Stimme für die Gesundheitsversorgung und eine bessere Finanzierung der Krankenhäuser abzugeben. Ein Patient an der Info in Eberbach kommentierte das mit den Worten: „Ich gebe gerne meine Stimme ab. Ich brauche das Krankenhaus hier am Standort Eberbach.“ Ein Mitarbeitender der Pflege in Eberbach bangt: „Ich habe Angst um meinen Arbeitsplatz und möchte hier auf dem Land weiterhin für andere Menschen da sein können.“
„Mir ist wichtig, dass unser Krankenhaus, das es in Schwetzingen schon ewig gibt, auch bleibt“, begründet Petra Klefenz aus der Notaufnahme in Schwetzingen, warum sie sich an der Aktion beteiligt. Gerade ist sie Teil des großen SOS vor der Klinik in Schwetzingen, als sie sagt: “Wir sind hier in Schwetzingen im Mittelpunkt für die umliegenden Ortschaften. Menschen wählen die Klinik Schwetzingen bewusst, weil sie die familiäre Atmosphäre schätzen. Es wäre schlimm, wenn das wegfallen würde!“
Peter Geiss, Oberarzt in der Allgemeinchirurgie der GRN-Klinik Schwetzingen und ebenfalls Teil der SOS-Formation, stellt bitter fest: „Kliniken können kein Geld drucken und ächzen unter der Inflation. Das führt zu Verlusten unter den Mitarbeitenden, die überlastet sind bis hin zum Burnout. Die deutlich höheren Sach- und Lohnkosten können nicht durch das mehr an Leistung kompensiert werden.“ Der Mediziner vergleicht das mit dem „Hase-und-Igel-Prinzip: Man läuft immer schneller und schafft es doch nicht. Die Daseinsvorsorge für Kliniken ist eine gesamtgesellschaftliche Angelegenheit. Ohne Inflationsausgleich ist es nicht möglich, allein nur den Status Quo zu halten.“
Klinikleitungen dankbar für starkes Interesse und Engagement von Mitarbeitenden und Öffentlichkeit
Neben der GRN-Geschäftsführung sind auch die Klinikleitungen dankbar für die starke Beteiligung und das Interesse und Engagement der Mitarbeitenden und der (medialen) Öffentlichkeit – und zeigen gleichzeitig ihre Sorgen auf.
„Ich freue mich, dass so viele mitgemacht haben“, resümiert Tobias Schneider, Klinikleiter in der GRN-Klinik Schwetzingen. „Wir haben ein Zeichen gesetzt für die Menschen, die hier jeden Tag gute Medizin anbieten, und für Patienten, die diese wohnortnah benötigen. Mitgemacht haben Mitarbeitende aus zahlreichen Berufsgruppen: Ärzte, Pflege, Verwaltung, Sozialdienst, Technik und, und, und…“ Dabei betont er die hochwertige medizinische Versorgung: „Die GRN-Klinik Schwetzingen ist super qualifiziert. An sich hat jede Abteilung eine Spezialität, wir sind vielfach zertifiziert. Schade, dass diese hochwertigen medizinischen Leistungen und die wohnortnahe Versorgung im Rhein-Neckar-Kreis, die Patienten auch für die familiäre Atmosphäre schätzen, damit jetzt gefährdet sind.“
Anne-Kathrin Dorn, Klinikleiterin der GRN-Klinik Weinheim, pflichtet ihrem Amtskollegen bei: „Uns ist wichtig zu zeigen, dass wir hier weiterhin für die Versorgung der Patienten im Umkreis da sein wollen und alle Mitarbeiter dafür einstehen. Das sieht man an der großen Beteiligung an unserem SOS-Bild. Mit dabei waren Mitarbeiter aus allen Bereichen. Das zeigt, wie sehr die Berufsgruppen hier geschlossen kämpfen.“ Ziel der Aktion war es, Mitarbeitende und Öffentlichkeit zu informieren und ganz viele Unterschriften für die DKG-Petition zu sammeln. „Das ist uns gelungen.“
„Wir stehen mit dem Rücken an der Wand und brauchen Sofort-Hilfen“, fordert Thorsten Großstück, Klinikleiter der GRN-Klinik Sinsheim. „Die liquiden Mittel sind aufgebraucht. Wir müssen aber Tarifsteigerungen und weitere gestiegene Kosten ausgleichen.“ Thorsten Großstück erinnert an den Leitspruch zu Corona-Zeiten: „Bleibt zu Hause, wir sind für euch da.“ und sagt: „Wir möchten weiterhin für euch da sein. Helft uns mit eurer Solidarität bitte, damit das so bleibt, und gebt eure Stimme für die Petition der DKG ab.“
Hintergrund:
Durch inflationsbedingte Kostensteigerungen werden die Krankenhäuser in Deutschland bis Ende des Jahres 2023 ein Defizit von rund 10 Milliarden Euro anhäufen. Zu den Kostenbelastungen gehört die nur teilweise gesicherte Refinanzierung der Tarifsteigerungen. Und für 2024 sind nach dem Tarifabschluss im Öffentlichen Dienst weitere Kostensteigerungen absehbar. Die Kliniken fordern die Politik deshalb auf, verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen.
Bis die große, von allen Seiten als notwendig angesehene, Krankenhausreform wirklich greift, müssen Insolvenzen der Krankenhäuser vermieden werden, damit die Versorgungssicherheit überall im Land gesichert ist. Entscheidend dabei sind nicht nur kurzfristige Hilfsprogramme und Rettungsschirme, sondern eine verlässliche und nachhaltige Finanzierung, die die Kliniken auch langfristig aus der anhaltenden wirtschaftlichen Unsicherheit herausholt – und damit die wohnortnahe medizinische Versorgung der Menschen – auch im ländlichen Bereich – sicherstellt.
Geplante Einteilung in Level:
Die von der Regierungskommission geplante Einteilung in Level in der Übersicht:
Level Ii: integrierte ambulant/stationäre Grundversorgung
- Akutpflegebetten, in denen Patienten zur Beobachtung und Basistherapie oder nach Verlegung aus einer anderen Klinik stationär überwacht und gepflegt werden
- Auch als regionales Gesundheitszentrum mit ambulanten Behandlungsmöglichkeiten denkbar
- Keine Notaufnahme, keine Intensivmedizin, keine 24-h Arztpräsenz
Level In: stationäre internistische und chirurgische Basisversorgung sowie Notfälle
- Stationäre internistische und chirurgische Basisversorgung sowie Geburtshilfe
- Basisnotfallversorgung
- Nach Bedarf auch Geriatrie oder Palliativmedizin
- Nächstgelegenes Krankenhaus der Regel- und Schwerpunktversorgung bzw. Maximalversorgung weiter als 30 Min. Pkw-Fahrzeit entfernt oder Bundesland sieht besonderen Versorgungsauftrag
Level II: weitere Leistungen wie Stroke Unit, Intensivmedizin und erweiterte Notfallmedizin möglich
Level III: breites medizinisches Spektrum, nicht universitär
Level IIIU: Universitätsmedizin
Weitere Informationen:
Ein Video zur DKG-Aktion finden Sie hier:
https://youtu.be/-h7xgyAgobE
Infos zur DKG-Aktion:
https://www.bwkg.de/alarmstufe-rot/
Informationen zu den GRN Gesundheitszentren Rhein-Neckar: www.grn.de
Bitte geben Sie Ihre Stimme ab:
Hier geht’s zur Petition der Deutschen Krankenhausgesellschaft für eine bessere Finanzierung der Krankenhäuser:
https://www.dkgev.de/fair/ihre-stimme-fuer-die-krankenhaeuser/
Quelle: Frauke Sievers
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