89 Prozent haben noch nie mit ihrem Arzt telefoniert
Obwohl Telemedizin das Potenzial für eine moderne und zugängliche medizinische Versorgung in Deutschland hätte, wird sie laut einer aktuellen ADAC-Umfrage bislang kaum genutzt. Lediglich elf Prozent der Bevölkerung haben bisher Erfahrungen mit digitalen ärztlichen Angeboten wie Videosprechstunden gemacht. Für den ADAC ist das angesichts der Chancen, Versorgungsengpässe zu entschärfen, Wege zu sparen und besonders ländliche Regionen zu unterstützen, deutlich zu wenig.
Kluft bei der Nutzung: Junge Städter nutzen Telemedizin – Ältere kaum
Die ADAC-Umfrage zeigt deutliche Unterschiede im Nutzungsverhalten: Während vor allem junge Menschen in Großstädten digitale ärztliche Angebote in Anspruch nehmen (21 Prozent in Millionenstädten), ist die Nutzung in kleineren Orten mit lediglich acht bis neun Prozent deutlich geringer. Besonders alarmierend: Ältere Menschen, die von den Vorteilen der Telemedizin besonders profitieren könnten – Stichwort Mobilitätseinschränkungen –, nutzen diese Technologie kaum.
Positives Signal: Großes Interesse an Telemedizin bei Nicht-Nutzern
Ein Hoffnungsschimmer: Trotz der geringen aktuellen Nutzung zeigen 41 Prozent der bisherigen Nicht-Nutzer eine Bereitschaft, Telemedizin künftig auszuprobieren. Dabei sind klare Informationen zu den Kosten und eine intuitive, benutzerfreundliche Handhabung für alle Befragten von entscheidender Bedeutung. Als häufigster Anlass für eine telemedizinische Konsultation werden akute Beschwerden genannt.
ADAC fordert verbesserte Rahmenbedingungen für Telemedizin
Angesichts des ungenutzten Potenzials fordert der ADAC eine deutliche Verbesserung der Rahmenbedingungen für Telemedizin in Deutschland. Dazu gehören:
- Einfache und nutzerfreundliche Anwendungen: Die Technologie muss für alle Altersgruppen zugänglich und leicht bedienbar sein.
- Transparente Abrechnungsmodelle: Patienten benötigen klare Informationen über die Kosten telemedizinischer Leistungen.
- Konsequente Einbindung in bestehende Versorgungssysteme: Telemedizin sollte nahtlos in die reguläre medizinische Versorgung integriert werden.
Nur durch diese Maßnahmen kann Telemedizin ihr volles Potenzial entfalten und zu einer flächendeckenden, modernen und zugänglichen Gesundheitsversorgung beitragen, so der ADAC.
Telemedizin-Angebot für ADAC-Mitglieder: Online-Sprechstunde per Medical App
Ein positives Beispiel für die praktische Anwendung von Telemedizin ist die ADAC Medical App. Mitglieder können über diese App bequem eine Online-Sprechstunde per Videotelefonie vereinbaren – auch abends und an Wochenenden. Dieses Angebot gilt nicht nur für Beschwerden im Inland, sondern auch bei gesundheitlichen Problemen oder Erkrankungen im Ausland. Zudem können über die App digitale medizinische Dokumente wie elektronische Privat- oder Kassenrezepte sowie Behandlungspläne ausgestellt werden.
Telemedizin bietet große Chancen, die es zu nutzen gilt
Die ADAC-Umfrage zeigt deutlich, dass Telemedizin in Deutschland noch ein Schattendasein führt, obwohl sie das Potenzial hat, die medizinische Versorgung erheblich zu verbessern. Es ist nun Aufgabe der Politik und der Gesundheitsdienstleister, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass die Vorteile der Telemedizin breiten Bevölkerungsschichten zugänglich gemacht werden. Das große Interesse der Nicht-Nutzer zeigt, dass die Bereitschaft für digitale Gesundheitsangebote durchaus vorhanden ist – es bedarf nun der richtigen Impulse und Strukturen, um dieses Potenzial zu heben.
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