Große Bühne für junge Köpfe – vom Klassenzimmer auf eine internationale Fachtagung
Das deutsch-französische Erinnerungsprojekt „Vergessene Spuren“ der Realschule Eberbach stellt auf einer Fachkonferenz anlässlich des Gedenkens an den 80. Jahrestag der Befreiung der Konzentrationslager seine Forschungsergebnisse vor.
Im Rahmen eines grenzüberschreitenden Geschichtsprojektes folgen SchülerInnen der Realschule Eberbach gemeinsam mit ihren KooperationspartnerInnen vom Lycée de la Versoie in Thonon-les-Bains und dem Lycée Anna de Noailles in Évian-les-Bains den nahezu vergessenen Lebenswegen zweier französischer Widerstandskämpfer. Guy Busca und Marius Baud, beide aus Savoyen stammend, wurden 1944 im KZ-Außenlager Neckargerach Opfer des nationalsozialistischen Terrors. Ihr Schicksal, lange Zeit nur bruchstückhaft dokumentiert, rückte durch die engagierte Arbeit der Jugendlichen wieder ins Licht der Erinnerung. Es stellt eine große Auszeichnung für die engagierte Erinnerungsarbeit der Realschule Eberbach dar, dass das Projektteam rund um Christina Frischholz, Martin Kohler und Verbundarchivar Dr. Marius Golgath mit den jugendlichen ForscherInnen ihre Rechercheergebnisse Ende Juni auf einer Fachtagung, die im Zeichen der Erinnerung an den 80. Jahrestag der Befreiung der Konzentrationslager steht, präsentieren darf. Auch wenn der Blick schon in Richtung Tagung geht, folgt ein kurzer Rückblick – verbunden mit einem herzlichen Dank an alle, die den Besuch der französischen SchülerInnen in Eberbach ermöglicht und begleitet haben.
30 französiche SchülerInnen, begleitet von ihren Lehrkräften Céline Pelisson, Mathilde Dal-Pan und Alzira Zio, waren gemeinsam mit den deutschen ProjektteilnehmerInnen im Naturfreundehaus Zwingenberg untergebracht.
Ein erster Höhepunkt war die Vorstellung der bisherigen Projektergebnisse an der Realschule Eberbach, wo Bürgermeister Peter Reichert und Schulleiter Markus Hanke bei einem Empfang ein größeres Publikum begrüßen durfte. Im Anschluss brachten Gunter Sokollek und Cornelia Körlin den Jugendlichen die lokale Eberbacher NS-Geschichte im Rahmen einer Stadtführung näher. Am Nachmittag begrüßte Verbundarchivar Dr. Marius Golgath die Gruppe im Stadtarchiv. Er hatte das Projekt mit angestoßen und dank Unterstützung von Michel Pittet („Amis d’Eberbach“) Kontakte zu den französischen Schulen erleichtert. Dort vertieften sich die Jugendlichen in deutsche und französische Originalquellen – ein zentrales Element der Projektarbeit. Ein weiterer Höhepunkt des Programms war der Besuch der KZ-Gedenkstätte Neckarelz. Dort vermittelte Dorothee Roos mit ihrem engagierten Team um Irene Knapp, Bernhard Theiss und Hans-Peter Haas besonders anschaulich die Lebens- und Arbeitsbedingungen in den KZ-Außenlagern am Neckar. Anschließend folgte eine geführte Wanderung entlang des Goldfischpfads in Obrigheim, wo KZ-Häftlinge unterirdische Stollen für die Rüstungsproduktion ausbauen mussten. Zum Abschluss des Projekttages besuchte die Gruppe die Gedenkstele in Neckargerach, die mahnend an das ehemalige KZ-Außenlager erinnert. Auf dem jüdischen Friedhof in Binau fand eine deutsch-französische Gedenkfeier statt, die von der evangelischen Pfarrerin Esther M. Fauß, dem katholischen Diakon Joachim Szendzielorz sowie Bürgermeister Dominik Kircher begleitet wurde. Französische SchülerInnen legten Blumen am Denkmal nieder, ein Schüler aus Évian begleitete die Zeremonie musikalisch mit der Trompete. Ein Kranz mit der Inschrift „Morts pour la France“ würdigte die beiden Widerstandskämpfer.
Den Abschluss der Begegnung bildete ein gemeinsames Abendessen in Krösselbach, wo Jonathan Schließler ein Menü gezaubert hatte. Dabei blickten die Jugendlichen auf drei intensive Tage zurück, die von historischem Lernen, persönlichem Austausch und gemeinsamer Verantwortung geprägt waren.
Das Projekt macht deutlich: Es lohnt sich, vergessene Spuren wieder sichtbar zu machen – nicht nur um der Vergangenheit willen, sondern auch als Auftrag für Gegenwart und Zukunft. Das Projekt leistet einen wichtigen Beitrag zur historischen Bildungsarbeit und zum internationalen Jugendaustausch. Es fördert das Verständnis für die Gefahren autoritärer Systeme und stärkt zugleich die deutsch-französische Freundschaft auf schulischer Ebene. Die erfolgreiche Zusammenarbeit verschiedener Institutionen im Rhein-Neckar-Kreis und im Neckar-Odenwald-Kreis unterstreicht den regionalen Rückhalt für dieses Bildungsprojekt der Erinnerungskultur. Möglich wurde das Projekt durch Unterstützung des Staatsministeriums Baden-Württemberg, der Stadt Eberbach, der Bürgerstiftung, des Lions Club, Rotary Club Eberbach, SKD Immobilien GmbH und vieler privater Förderer.
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