Sprachbarrieren im Jobmarkt: Deutsche Unternehmen verschenken Potenziale
Der Fachkräftemangel in Deutschland ist seit Jahren ein drängendes Thema, doch eine aktuelle Untersuchung der Jobplattform Indeed zeigt, dass deutsche Unternehmen vergleichsweise wenig Flexibilität bei den Sprachanforderungen in Stellenanzeigen zeigen. Dies könnte ein wesentlicher Grund sein, warum viele offene Stellen unbesetzt bleiben. Während Länder wie die Niederlande (7,8 %), Spanien (5,8 %) und Frankreich (4,1 %) in einem beträchtlichen Anteil ihrer Stellenanzeigen auf Sprachkenntnisse der Landessprache verzichten, trifft dies in Deutschland nur auf 2,7 % der Stellen zu. Experten sehen darin einen Wettbewerbsnachteil, besonders in hochqualifizierten Berufen.
Hauptfakten:
- In Deutschland verzichten nur 2,7 % der Stellenanzeigen auf Deutschkenntnisse.
- Besonders Niedriglohnsektoren zeigen höhere Sprachflexibilität.
- Softwareentwicklung ist die einzige hochqualifizierte Berufsgruppe mit relativ hoher Sprachflexibilität.
Sprachflexibilität in Niedriglohnsektoren
In den niedrigqualifizierten Jobbereichen zeigt sich in Deutschland eine größere Offenheit gegenüber nicht-deutschsprachigen Arbeitskräften. Reinigungsdienste (14,5 %), die Gastronomie (8,2 %) und der Beauty- und Wellnessbereich (7 %) zählen zu den Jobkategorien, in denen Arbeitgeber häufig auf Deutschkenntnisse verzichten. Auch in den Bereichen Lagerhaltung (6,1 %) und Produktion (4,2 %) sind Stellen ohne Sprachvoraussetzungen häufiger zu finden.
Berufe mit der höchsten Sprachflexibilität:
- Reinigungsdienste: 14,5 %
- Lebensmittel & Gastronomie: 8,2 %
- Beauty & Wellness: 7 %
- Landwirtschaft: 6,6 %
- Lagerhaltung: 6,1 %
Softwareentwicklung: Ausnahme im Hochqualifizierten-Sektor
Ein auffälliger Ausreißer im hochqualifizierten Bereich ist die Softwareentwicklung, in der 3,7 % der Stellen auf Deutschkenntnisse verzichten. Da Englisch in der IT-Branche ohnehin die dominierende Arbeitssprache ist und der Fachkräftemangel hier besonders spürbar ist, entscheiden sich viele Unternehmen dafür, auf Deutsch als Voraussetzung zu verzichten. Dies ermöglicht es den Arbeitgebern, einen breiteren Talentpool zu erreichen.
Wettbewerbsnachteil für die deutsche Wirtschaft
Lisa Feist, Arbeitsmarktexpertin bei Indeed, sieht in der Sprachbarriere einen erheblichen Wettbewerbsnachteil für deutsche Unternehmen. Besonders in MINT-Berufen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) könnten Unternehmen durch größere sprachliche Flexibilität ihren Fachkräftemangel deutlich lindern. Sie fordert, dass deutsche Unternehmen offener für internationale Arbeitskräfte werden sollten, insbesondere in Berufen, in denen Deutschkenntnisse nicht zwingend erforderlich sind.
Ein Vergleich mit anderen europäischen Ländern zeigt, dass Deutschland bei der Integration von Migranten im Arbeitsmarkt hinterherhinkt. In den Niederlanden und Spanien ist der Anteil an Stellen, bei denen auf Sprachkenntnisse verzichtet wird, mehr als doppelt so hoch wie in Deutschland. Feist fordert deutsche Unternehmen auf, diese Potenziale besser zu nutzen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und den wachsenden Fachkräftemangel zu bekämpfen.
Sprachbarrieren auf dem Arbeitsmarkt sind in einer globalisierten Wirtschaft nicht mehr zeitgemäß. Deutsche Unternehmen, besonders solche mit internationaler Ausrichtung und hohem Fachkräftebedarf, sollten ihre Sprachflexibilität erhöhen, um qualifizierte Talente aus aller Welt anzuziehen und ihren Fachkräftemangel zu bekämpfen.
Rückmeldung an den Autor?