OLG Karlsruhe bestätigt: Preisangaben müssen zur Vertragslaufzeit passen
Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat mit einem Anerkenntnisurteil vom 8. April 2025 (Az. 14 U 104/24, nicht rechtskräftig) die Rechte von Verbraucherinnen und Verbrauchern bei Verträgen mit Fitnessstudios gestärkt. Konkret ging es um die Praxis eines Freiburger Fitnessstudios, das mit wöchentlichen Preisangaben warb, obwohl die tatsächliche Vertragslaufzeit ein Jahr betrug.
Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hatte diese Werbepraxis als irreführend kritisiert und rechtlich angegriffen. Das Urteil stellt nun klar: Preise müssen stets im Verhältnis zur gesamten Vertragslaufzeit transparent ausgewiesen werden.
Der Fall: Wochenpreise bei Jahresvertrag
Im Mittelpunkt des Rechtsstreits stand das Angebot des „Rückgrat Sport- und Gesundheitscenters“ in Freiburg. In der Werbung wurden umfassende Leistungen wie:
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Fitness-Zirkel
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Kurse
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Sauna
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Solarium
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Wellness-Massage
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Erfrischungsgetränke
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Handtuchservice
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Kaffee-Lounge
für 22,99 Euro beworben. Nur bei genauem Hinsehen war erkennbar, dass es sich dabei nicht um einen Monats-, sondern um einen Wochenpreis handelte – gekennzeichnet durch den Zusatz „wtl.“ (für „wöchentlich“), der jedoch klein und unauffällig dargestellt war.
Tatsächlich bedeutete das ein Preis von rund 1.195 Euro pro Jahr – eine Zahl, die nirgendwo eindeutig angegeben war.
Gerichtsurteil: Preisangaben müssen auf gesamte Laufzeit bezogen sein
Das OLG Karlsruhe stellte in seinem Urteil klar:
Wird ein Vertrag über ein Jahr geschlossen, muss der Preis für diese Laufzeit angegeben werden. Die alleinige Angabe eines wöchentlichen Betrags ist nicht ausreichend und kann verbrauchertäuschend wirken.
Diese Grundsätze gelten unabhängig davon, ob ein monatlicher oder ein jährlicher Vertrag angeboten wird:
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Bei einem Jahresvertrag: Gesamtpreis für ein Jahr angeben
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Bei einem Monatsvertrag: Gesamtpreis für den Monat angeben
Das Urteil schließt damit eine häufig genutzte rechtliche Grauzone in der Fitnessbranche und schafft mehr Transparenz für Verbraucherinnen und Verbraucher.
Hintergrund: Vorinstanz hatte Klage zunächst abgewiesen
Die Verbraucherzentrale war bereits vor dem Landgericht Freiburg gegen das Fitnessstudio vorgegangen. Dieses sah in der Preisgestaltung keinen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht und wies die Klage ab.
Erst in der Berufung folgte das OLG Karlsruhe der Argumentation der Verbraucherzentrale, wonach es nicht genügt, den Preis lediglich auf Wochenbasis darzustellen, wenn der Vertragszeitraum erheblich länger ist.
Verbraucherzentrale: Klare Preisangaben sind Pflicht
Oliver Buttler, Experte für Verbraucherrecht bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, betont:
„Verbraucherinnen und Verbraucher haben ein Recht auf klare Preisangaben. Ein Vertrag mit 12 Monaten Laufzeit muss auch einen Preis für die gesamten 12 Monate nennen. Alles andere ist nicht nur intransparent, sondern auch rechtlich unzulässig.“
Die Verbraucherzentrale fordert daher mehr Rechtsklarheit und will mit dem Urteil weitere Anbieter sensibilisieren, auf korrekte Preisangaben zu achten.
Auswirkungen auf die Fitnessbranche
Das Urteil des OLG Karlsruhe könnte bundesweite Auswirkungen auf die Werbepraxis von Fitnessstudios haben. Viele Anbieter werben mit Teilpreisen, ohne die Gesamtkosten über die Laufzeit transparent darzustellen.
Die wichtigsten Implikationen:
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Preistransparenz wird verpflichtend: Anbieter müssen klar darstellen, was Kundinnen und Kunden tatsächlich zahlen.
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Wettbewerb wird fairer: Studios, die bereits korrekte Angaben machen, werden nicht mehr benachteiligt.
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Verbraucher können Angebote besser vergleichen: Die Vergleichbarkeit von Verträgen steigt deutlich.
Das sollten Verbraucher bei Fitnessverträgen beachten
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Gesamtlaufzeit prüfen – Vertragsdauer immer genau nachlesen
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Preis auf die Laufzeit hochrechnen – Wochenpreise multiplizieren
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Kleingedrucktes lesen – „wtl.“, „mtl.“ und andere Abkürzungen beachten
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Vertragliche Bindung verstehen – Kündigungsfristen klären
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Leistungsumfang überprüfen – Was ist tatsächlich im Preis enthalten?
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Vergleich mit anderen Anbietern – Monatspreis ≠ Jahreskosten
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Widerrufsrecht bei Onlineabschluss nutzen – 14 Tage Bedenkzeit
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Fragen stellen bei Unklarheiten – Nur mit schriftlicher Bestätigung
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Werbung dokumentieren – Screenshots bei Verdacht auf Täuschung
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Verbraucherzentrale kontaktieren – bei Problemen oder Unsicherheit
Das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe gegen irreführende Preisangaben bei Fitnessverträgen ist ein wichtiger Schritt für mehr Verbraucherschutz. Es stellt klar: Transparente, eindeutige Preisangaben sind bei langfristigen Verträgen verpflichtend. Wer einen Vertrag über ein Jahr abschließt, muss auch wissen, welcher Gesamtbetrag fällig wird – Wochenpreise allein sind nicht zulässig.
Fitnessstudios sind nun angehalten, ihre Werbung und Preisgestaltung rechtlich korrekt anzupassen, um Abmahnungen und Klagen zu vermeiden. Verbraucherinnen und Verbraucher sollten sich nicht von scheinbar günstigen Angeboten täuschen lassen, sondern stets den Gesamtpreis im Blick behalten.
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