Gallensteine und Harnsteine gehören zu den häufigsten Volkskrankheiten in Deutschland. Jährlich sind über 3,8 Millionen Menschen betroffen, mit einer Rezidivrate von fast 50 %. Eine frühzeitige Diagnose und moderne Therapiemethoden sind entscheidend, um Beschwerden zu lindern und Komplikationen zu vermeiden. Experten der GRN-Klinik Sinsheim sowie des Urologischen Steinzentrums Rhein-Neckar-Odenwald gaben Einblick in aktuelle Behandlungsmöglichkeiten für Gallen- und Harnsteine.
1. Gallensteine – Ursachen, Symptome und Risiken
Gallensteine entstehen, wenn sich Bestandteile der Gallenflüssigkeit wie Cholesterin, Bilirubin oder Kalzium in der Gallenblase ablagern. Viele Betroffene bemerken sie zunächst nicht, doch sobald sie den Gallengang blockieren, kann es zu schweren Beschwerden kommen.
Risikofaktoren für Gallensteine
✔ Genetische Veranlagung
✔ Alter und Geschlecht (Frauen sind häufiger betroffen)
✔ Diabetes mellitus und hormonelle Einflüsse
✔ Falsche Ernährung, Bewegungsmangel, Übergewicht und Rauchen
Symptome von Gallensteinen
🚨 Starke Oberbauchschmerzen oder Schulterschmerzen
🚨 Koliken nach fettigem Essen
🚨 Übelkeit, Erbrechen, Fieber
🚨 Dunkler Urin und heller Stuhlgang
🚨 Gelbsucht (Hinweis auf eine Gallengangverstopfung)
Bis zu 10 % der Gallensteine verursachen anfangs keine Symptome, können aber schwerwiegende Komplikationen auslösen, darunter:
⚠ Eitrige Gallenwegsentzündung (Cholangitis)
⚠ Akute Gallenblasenentzündung (Cholezystitis)
⚠ Bauchspeicheldrüsenentzündung (Pankreatitis)
⚠ Sepsis durch gestauten Gallenfluss
2. Behandlung von Gallensteinen – Innovative Methoden
Die Entfernung von Gallensteinen ist je nach Größe, Lage und Symptomen unterschiedlich.
Endoskopische Retrograde Cholangiopankreatikographie (ERCP)
🔹 Minimalinvasive Methode zur Entfernung von Gallengangsteinen
🔹 Kein großer chirurgischer Eingriff nötig
🔹 Einsatz eines Endoskops mit Katheter zum Zertrümmern oder Entfernen der Steine
🔹 Evtl. Einlage eines Stents zur Galleableitung
Medikamentöse Behandlung ist bei kleinen Gallensteinen möglich, allerdings nur in bestimmten Fällen.
Chirurgische Entfernung der Gallenblase (Cholezystektomie)
Wenn Gallensteine immer wieder Beschwerden verursachen, wird die Gallenblase entfernt – meist mittels Schlüssellochchirurgie (laparoskopisch).
🔹 Minimale Schnitte durch die Bauchdecke
🔹 Schonende Methode mit kurzer Erholungszeit
🔹 Standardbehandlung für wiederkehrende Gallensteine
📌 Wichtig: Ohne Gallenblase kann die Leber weiterhin Galle produzieren, jedoch muss auf eine fettärmere Ernährung geachtet werden.
3. Harnsteine – Ursachen, Diagnose und Symptome
Harnsteine sind Ablagerungen von Mineralstoffen in den Harnwegen und entstehen oft durch eine falsche Ernährung und zu geringe Flüssigkeitsaufnahme.
Risikofaktoren für Harnsteine
✔ Zu wenig Flüssigkeit (weniger als 1,5 Liter pro Tag)
✔ Hoher Fleisch- oder Salzkonsum
✔ Stoffwechselerkrankungen (z. B. Gicht)
✔ Genetische Veranlagung
✔ Bestimmte Medikamente (z. B. entwässernde Mittel)
Symptome von Harnsteinen
🚨 Starke, wellenartige Schmerzen (Nierenkolik)
🚨 Schmerzen im Unterbauch, Rücken und Genitalbereich
🚨 Übelkeit, Erbrechen, Kreislaufprobleme
🚨 Blut im Urin (rötlicher oder trüber Urin)
🚨 Harnstau mit Infektionsgefahr
4. Moderne Behandlungsmethoden für Harnsteine
Die Therapie hängt von der Steingröße, Lage und den Beschwerden ab.
1️⃣ Medikamentöse Therapie (Medical Expulsive Therapy, MET)
🔹 Geeignet für kleine Steine (bis 5 mm)
🔹 Medikamente fördern den natürlichen Abgang der Steine
🔹 Ausreichende Flüssigkeitszufuhr (2–2,5 Liter pro Tag)
🔹 80 % der Steine können so ausgeschieden werden
2️⃣ Stoßwellentherapie (Extrakorporale Stoßwellenlithotripsie, ESWL)
🔹 Schmerzfreie Zertrümmerung durch Schallwellen
🔹 Geeignet für Steine bis 2 cm in Niere oder Harnleiter
🔹 Steinfragmente werden über den Urin ausgeschieden
3️⃣ Endoskopische Entfernung (Flexible URS oder Mini-PCNL)
🔹 Geeignet für größere oder blockierende Steine
🔹 Harnleiter- oder Nierenspiegelung mit Laserzertrümmerung
🔹 Kurzer Krankenhausaufenthalt, schnelle Heilung
4️⃣ Operative Entfernung (Perkutane Nephrolitholapaxie, PCNL)
🔹 Bei sehr großen Steinen oder Infektionen
🔹 Kleiner Hautschnitt zur Entfernung des Steins aus der Niere
🔹 Schnellere Erholung als bei offenen OPs
📌 In Notfällen (z. B. Harnstau oder Infektion) kann eine Nierendrainage erforderlich sein.
5. Prävention: So lassen sich Gallensteine und Harnsteine vermeiden
Die beste Behandlung ist, Steine gar nicht erst entstehen zu lassen.
✅ Viel trinken! Mindestens 2–2,5 Liter Wasser täglich reduziert das Risiko.
✅ Gesunde Ernährung: Wenig Fleisch, Zucker und Salz, dafür mehr Gemüse und Vollkornprodukte.
✅ Regelmäßige Bewegung: Fördert den Stoffwechsel und verhindert Übergewicht.
✅ Alkoholkonsum und Rauchen einschränken: Beides erhöht das Risiko für Gallen- und Harnsteine.
✅ Medizinische Vorsorgeuntersuchungen nutzen: Früherkennung kann eine aufwendige Behandlung verhindern.
6. Fortschritte in der Behandlung von Gallen- und Harnsteinen
Durch moderne, minimalinvasive Verfahren können Gallen- und Harnsteine heute effektiv und schonend behandelt werden. Besonders die endoskopischen Verfahren (ERCP, URS, PCNL) sowie die Stoßwellentherapie (ESWL) haben die Behandlung revolutioniert.
📌 Die wichtigste Maßnahme bleibt jedoch die Prävention: Eine gesunde Lebensweise, ausreichend Flüssigkeitszufuhr und regelmäßige ärztliche Kontrollen senken das Risiko erheblich. Wer die Symptome frühzeitig erkennt und ärztlichen Rat einholt, kann schwerwiegende Komplikationen vermeiden.
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