Ehemalige Adlervoliere zur Geiervoliere umgestaltet
Im Februar 2023 sind die beiden Riesenseeadler aus der Großvoliere am Geysirsee in den tschechischen Zoo Liberec umgezogen. Die freigewordene Voliere wird übergangsweise von Gänsegeiern, Kappengeiern und Kolkraben genutzt. Perspektivisch werden sich Gänsegeier und Schmutzgeier die Voliere teilen. Die Geierarten sollen künftig mit Nachzuchten zu Auswilderungsprojekten beitragen, da die Vogelarten in weiten Bereichen ihres ehemaligen Verbreitungsgebietes in Europa ausgestorben sind.
Dem Zoo Heidelberg ist die Zusammenstellung des Tierbestandes nach Gesichtspunkten von Umweltbildung und Artenschutz ein großes Anliegen. In diesem Zusammenhang werden neue Tierarten aufgenommen, andere ziehen aus und es kommt immer wieder zu Umgestaltungen in Volieren und Gehegen. Im Februar 2023 wurden die Riesenseeadler an einen Zoo abgegeben, welcher weitreichende Erfahrungen mit großen Greifvögeln hat. In Heidelberg werden in Zukunft die in der Erhaltungszucht wichtigen Gänse- und Schmutzgeier gehalten. Im Rahmen der Umgestaltung wurden weitere Brutnischen eingerichtet und Teile der Vernetzung ausgetauscht. Die Bepflanzung wurde passend zu den neuen Tierarten stark ausgelichtet, da es Geier eher kahl mögen, um den Überblick behalten zu können. Zahlreiche unterschiedlich hohe und unterschiedlich dicke Sitzgelegenheiten wurden eingebracht. Die zwei männlichen Gänsegeier aus den Zoos Erfurt und Antwerpen müssen sich noch gedulden, bis im Herbst zwei Weibchen aus Barcelona einziehen werden. Schmutzgeier sollen ab Herbst die dritte Geierart in der Voliere sein. Übergangsweise sind Kolkraben als Gäste mit in die Voliere gezogen. Sobald die weiblichen Gänsegeier brüten, besteht jedoch die Gefahr, dass die Raben die Eier der Geier fressen – spätestens dann ist Ende mit der Gastfreundschaft und die Kolkraben müssen wieder ausziehen. Doch auch die geplante langfristige Vergesellschaftung von Schmutz- und Gänsegeier und damit verschiedener Arten hat Vor- und Nachteile. Die größeren Gänsegeier sind am Futter dominant und fressen vor allem Innereien und Fleisch. Die Schmutzgeier wiederum sind darauf spezialisiert, das aufzupicken, was übrigbleibt – in der großzügigen Voliere mit ausreichend Platz als Ausweichmöglichkeit werden sich die Tiere wie in der Natur verhalten. Die Tiere können entsprechend miteinander interagieren und Zoobesucher können das Verhalten der unterschiedlichen Geierarten untereinander gut beobachten.
„Unsere Geier sind Botschafter für die weltweit bedrohten Geierarten, ihre Nachkommen sind für Wiederauswilderungen bestimmt. Die Tiere sind ebenso wertvoll für unsere Bildungsprogramme – Zoo-Besucher und Teilnehmer der Zoo-Akademie-Workshops lernen so wichtige ökologische Zusammenhänge.“ erklärt Dr. Eric Diener, Vogelkurator im Zoo Heidelberg. Mit einer Spannweite von 230 bis 260 cm gehören Gänsegeier zu den größten Greifvögeln Europas. Obwohl ihr aktuelles Brutgebiet Nordafrika, Südeuropa, die Alpen, die Kaukasusregion und Vorderasien umfasst, werden sie auf der Suche nach Nahrung und Brutplätzen inzwischen öfter in Deutschland gesichtet. Paläontologische Funde belegen, dass sie noch bis ins 18. Jahrhundert mit Brutkolonien im Donautal, Odenwald, Kraichgau, Schwarzwald und auf der Schwäbischen Alb angesiedelt waren. Geier gelten als effektivste Beseitiger von Aas und sind als ikonische Vögel in verschiedenen Kulturen tief verwurzelt. Sie spielen eine Schlüsselrolle in vielen Ökosystemen. Dennoch sind sie eine der meist bedrohten Vogelgruppen überhaupt, da ihre wichtige Nahrungsgrundlage entweder durch Einsatz von Medikamenten und Bleimunition bei verendeten Vieh und Wild kontaminiert ist oder vollständig in Tierkörperbeseitigungsanlagen entsorgt wird. „Mit der Haltung und Zucht möchten wir Tiere für Auswilderungsprojekte in Europa zur Verfügung stellen. Wir möchten unsere Zoobesucher auf die Bedeutung von Aasfressern im Ökosystem und die zahlreichen Gefährdungsfaktoren der Geier weltweit aufmerksam machen.“ sagt Dr. Eric Diener.
Quelle: Kristina Müller
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